50 Jahre nach der Konferenz von Asilomar zu rekombinierter DNA, ihren Risiken und Sicherheitsvorkehrungen fordern 29 Organisationen die EU-Kommission auf, ihren Vorschlag zur Deregulierung von neuen Gentechnik-Pflanzen zurückzunehmen.
Die aktuellen Entwicklungen in der EU bezüglich eines neuen Rechtsrahmens für neue Gentechnik (NGT) Pflanzen legen unter der polnischen Ratspräsidentschaft an Geschwindigkeit zu. Polens Ziel scheint es zu sein, schnell eine Einigung des EU-Rates zu erzielen (näheres hier). Deshalb fordern 29 Organisationen den EU-Kommisar Várhelyi und die EU-Kommission in einem gemeinsamen Brief auf, ihren Vorschlag zur Deregulierung von NGT-Pflanzen zurückzuziehen. Stattdessen schlagen die Organisationen, darunter die AbL e.V. vor, die Flexibilität der bestehenden Gentechnik-Regulierung zu nutzen, um die Anforderungen der Risikobewertung an das tatsächliche Risikoniveau einzelner Pflanzen anzupassen. Denn die momentan im Vorschlag angelegte Grenze – von 20 Veränderungen im Genom – hat keinen Zusammenhang zum Risikoniveau.
Hintergrund: Vor 50 Jahren, im Februar 1975, trafen sich 150 Wissenschaftler*innen aus vielen Teilen der Welt in Asilomar, USA, um sich über die möglichen Risiken von und den Umgang mit gentechnischen Verfahren auszutauschen. Die neuen Möglichkeiten der Biotechnologien bereiteten vielen Forschenden Sorgen und so wurden auf der Konferenz und in ihrem Nachgang Sicherheitsstufen entwickelt, um das potentielle Risiko von Experimenten auf Mensch und Natur weitgehend einzuschränken. Basis dieser Sicherheitsstufen ist eine vorhergehende Risikoabschätzung. Teil dieser Einigung war außerdem ein freiwilliger Verzicht auf alle Experimente, für die ausreichende Schutzmaßnahmen nicht möglich waren. Die Beschlüsse der Asilomar-Konferenz wurden in den folgenden Jahren in nationalen Gesetzen festgehalten.
Die EU-Kommission legte im Juli 2023 einen Gesetzesvorschlag zur Deregulierung von Pflanzen vor, die mit den neuen Gentechniken wie CRISPR-Cas entwickelt wurden. Diese NGT-Pflanzen fallen bisher unter das EU-Gentechnikrecht. Die EU-Kommission will nun aber den allergrößten Teil der NGT-Pflanzen von der bewährten Gentechnik-Regulierung ausnehmen. Das würde bedeuten, dass bis zu 95% der zu erwartenden NGT-Pflanzen nicht mehr auf ihre möglichen Risiken hin untersucht werden müssten, dass es keine Kennzeichnung entlang der gesamten Erzeugungskette gäbe, keine verpflichtenden Nachweisverfahren, keine Rückverfolgbarkeit(und Rückholbarkeit - aber auch keine Koexistenz- und Haftungsregelungen. Das aktuelle Positionspapier von bäuerlichen Verbänden: "Gentechnikfreie Erzeugung und Vorsorgeprinzip sichern! Neue Gentechniken strikt regulieren" findet sich hier.
Aktuelle Vorschläge der polnischen Ratspräsidentschaft zum Gesetzesvorschlag und Bewertung durch die AbL finden sich hier.
Gemeinsamer Brief an die EU-Kommission 50 Jahre nach Asilomar: Kontrolle über NGT-Pflanzen nicht aufgeben! / Joint letter 50 years after Asilomar: Do not give up control over NGT plants!