Im Jahr 2017 hat Sachsen-Anhalt als erstes Bundesland eine Existenzgründungsprämie eingeführt. Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und das Saarland haben nachgezogen. Die Landesregierung von Niedersachsen hat Mitte November 2024 eine Summe von 2,2 Mio. € an Haushaltsmitteln für die „Existenzgründung landwirtschaftlicher Betriebe“ bereitgestellt. Die inhaltliche Ausgestaltung des dazugehörigen Förderprogramms steht noch aus.
Der strategische Dialog und die Zukunftskommission Landwirtschaft räumen in ihren Veröffentlichungen der Förderung von Junglandwirt:innen und Neueinsteiger:innen auf Basis von konzeptbasierten Existenzgründungsprämien einen hohen Stellenwert ein. Sowohl die Verbände-Plattform, als auch der Deutsche Bauernverband (DBV), schlagen in ihren Stellungnahmen für die Ausgestaltung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) nach 2027 vor, die Junglandwirt:innenförderung an die Erarbeitung eines Betriebskonzeptes anstatt die Bewirtschaftung von Acker und Grünland zu koppeln. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Existenzgründungsprämien weiter an Bedeutung gewinnen werden.
Aus Sicht der AbL ist es vor diesem Hintergrund sinnvoll die bereits bestehenden Prämien innerhalb Deutschlands bezüglich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und praktischen Beantragung stärker miteinander zu vergleichen um ggf. Verbesserungsvorschläge ableiten zu können. Die Fachgruppe Jugend und Existenzgründung des AbL Bundesverbandes hat auf Basis einer Förderung des Förderfonds der landwirtschaftlichen Rentenbank daher einen Rechercheauftrag vergeben welcher erstmalig die inhaltliche Ausgestaltung aller in Deutschland bestehenden Existenzgründungsprämien in einer Tabelle zusammengetragen hat. Überdies wurden mit zwei Gründer:innen Interviews geführt welche die Prämie in Brandenburg und Rheinland-Pfalz beantragt haben. Die aus den Ergebnissen dieser Arbeit resultierenden Empfehlungen für die Ausgestaltung von Existenzgründungsprämien lauten:
- Die Umsetzung von nicht flächengebundenen, sondern konzeptbasierten Existenzgründungsprämien sind im Grundsatz ein gezieltes und hervorragendes Mittel zur Unterstützung landwirtschaftlicher Existenzgründungen. Sie sollten schnellstmöglich in Deutschland flächendeckend angeboten werden.
- Die Umsetzung des eingereichten Geschäftsplanes muss „pauschal“ gefördert werden bzw. die Auszahlung der Mittel darf nicht an einzelne Investitionen gebunden sein. Damit ist
sichergestellt, dass z.B. auch gebrauchte Maschinen gekauft oder Lebenshaltungskosten gedeckt werden können.
- Es muss dafür gesorgt werden, dass die Gründer:innen finanziell nicht in Vorleistung gehen müssen, sondern die Prämie unabhängig von den Kapitalströmen des Alltagsgeschäftes ausbezahlt wird.
- Betriebe, die gemeinschaftlich geführt werden und dies auch in der Unternehmensform abbilden (z.B. GbR mit mehreren Inhaber:innen), dürfen nicht von der Förderung ausgeschlossen sein. Aktuell müssen in allen Bundesländern die geförderten Personen in den jeweiligen Unternehmen die Mehrheitseigner:innen sein, also mind. 51 % der Anteile halten. Betriebsgemeinschaften werden somit ausgeschlossen.
- Aktuell sind in allen Bundesländern immer auch innerfamiliäre Hofübergaben förderfähig. Aufgrund des meist vergleichsweise hohen Kapitalbedarfes von Neugründungen sind diese besonders zu fördern und zu privilegieren.
- Mind. 75 % der Fördersummer müssen zu Beginn des Förderzeitraumes ausgeschüttet werden, da nur so Liquiditätsengpässen vorgebeugt werden kann.
- Die zuständigen Stellen müssen aktiv und deutlich erkennbar über die die Möglichkeiten der Beantragung von Existenzgründungsprämien informieren und diese bewerben.
- Den Antragsteller:innen müssen klare Zeitpunkte für die Bewilligung oder ggf. Ablehnung von Anträgen mitgeteilt werden. Es ist zudem zwingend erforderliche diese auch einzuhalten.
- Es ist ein möglichst unbürokratischer Zugang zu Existenzgründungsprämien zu ermöglichen. Die Anträge sind so zu gestalten, dass Gründer:innen stets die Möglichkeit haben diese selbstständig zu bearbeiten. Für Unklarheiten oder Rückfragen ist bundesweit ein kosten-freier Beratungsdienst einzurichten.
- Für die Bewertung der Anträge sowie die Entscheidung über die Bewilligung muss der Verwaltung flächendeckend ein Gutachterausschuss an die Seite gestellt werden. Durch diesen können Umgehungstatbestände verringert und praktische Sichtweisen in den Bewilligungsprzess integriert werden. In dem Gutachterausschuss sollten neben Vertreter:innen des Berufsstandes, insbesondere auch die landwirtschaftlichen Jugendverbände vertreten sein.