Weiteres Patent auf Gerste und Bier kurz vor Erteilung

Auch deutsche Brauereien mischen mit beim ‚Biermonopoly‘

Wie eine aktuelle Patentrecherche von Keine Patente auf Saatgut! zeigt, steht das Europäische Patentamt (EPA) kurz davor, ein weiteres Patent auf Gerste und Bier für die Firma Carlsberg zu erteilen (EP1727905). Gleichzeitig werden auch immer wieder neue Patentanträge auf konventionell gezüchtete Gerste und daraus hergestelltes Bier angemeldet. Neben Carlsberg ist die CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation) aus Australien hier besonders aktiv.  An der Nutzung dieser Gerste war auch die größte deutsche Brauerei, die Firma Radeberger, interessiert.

Das jetzt zur Erteilung anstehende Patent von Carlsberg beruht auf zufälligen genetischen Veränderungen der Gerste. Diese bewirken, dass ein natürlicherweise vorkommendes Enzym nicht gebildet wird. Dadurch sollen Geschmack und Haltbarkeit der Gerste verbessert werden. Laut Patentschrift könnte diese Eigenschaft auch per Gentechnik eingeführt werden. Patentiert werden sollen alle Gerstenpflanzen mit den entsprechenden genetischen Varianten, unabhängig davon, wie diese entstehen. Auch die Verwendung der Gerste zum Bierbrauen und das Bier selbst sollen mitpatentiert werden.

„Dieses Patent macht deutlich, wie der Unterschied zwischen gentechnischen Verfahren und nicht patentierbaren Pflanzen aus konventioneller Zucht systematisch verwischt wird. Wenn diese Grenze nicht eingehalten wird, wird es in naher Zukunft in Europa keine unabhängige Pflanzenzucht mehr geben“, sagt Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!. „Es ist äußerst problematisch, wenn Patentinhaber den Zugang zu Saatgut kontrollieren können. Dieser Missbrauch des Patentrechts ermöglicht einen umfassenden Zugriff auf die Grundlagen unserer Ernährung, “

Keine Patente auf Saatgut! hatte bereits 2017 zusammen mit anderen Organisationen Einsprüche gegen drei der Patente von Carlsberg eingelegt. Am 10. Mai 2022 soll einer der Einsprüche (gegen EP2575433) am EPA verhandelt werden.

Wie eine exklusive wirtschaftliche Verwertung der Patente erfolgen kann, zeigt das Beispiel einer anderen zum Patent angemeldeten Gerste von CSIRO: Radeberger hatte 2016 einen Vertrag mit CSIRO zur Nutzung der Gerste geschlossen. Dafür wurde die Gerste in Australien angebaut und nach Europa importiert. Bei Getränken und Lebensmitteln, die von diesen Pflanzen gewonnen werden, soll der Gehalt an Gluten deutlich reduziert sein. Dabei stammen die Pflanzen aus konventioneller Zucht und sind nicht gentechnisch verändert. Das Bier sollte für VerbraucherInnen, die an Zöliakie leiden, besser bekömmlich sein. Das Projekt wurde 2019 für beendet erklärt. Als ein Grund wurde angegeben, dass die Nachfrage des Marktes für dieses Bier zu gering sei.

In den von CSIRO angemeldeten Patenten werden nicht nur Gerste und Bier, sondern auch Whiskey, Brot, Nudeln, Frühstücksflocken, Snacks und Kuchen beansprucht. Falls auch andere Brauereien, Züchtungsbetriebe oder LandwirtInnen diese Gerste nutzen wollten, gibt es erhebliche Hürden: Die Gerste kann nicht so frei angebaut, gezüchtet oder zum Brauen von Bier verwendet werden, wie dies der Fall wäre, wenn keine Patente angemeldet wären. Im Gegensatz zu den Regeln des Sortenschutzes ist patentiertes Saatgut nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers verfügbar, um beispielsweise neue Sorten zu züchten, die dann auch für den Anbau in Europa genutzt werden können.

Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere sind in Europa verboten. Doch dieses Verbot wird seit Jahren umgangen. Der Widerstand gegen diese Patente hat in den letzten Wochen deutlich zugenommen. Unter anderem rufen Brauereien in Deutschland und Österreich in einer Petition dazu auf, eine internationale Konferenz einzuberufen, um diese Patente zu stoppen. Der Aufruf wird von rund weiteren 50 Organisationen sowie bisher über 180.000 Einzelpersonen unterstützt. Auch der Dachverband Europäischer Bauernverbände COPA/COGECA gehört zu den UnterzeichnerInnen.

Dringlichkeit erhalten die Probleme auch durch den Krieg in der Ukraine: Dieses Land ist nicht nur ein wichtiger Lieferant für Weizen und Ölsaaten, sondern auch einer der wichtigsten Gerste-Produzenten in Europa.

„Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine erscheinen Saatgutmonopole, die Züchtung und Anbau von Nahrungspflanzen zusätzlich behindern, besonders zweifelhaft“, Giulio Carini von WeMove Europe. „Es ist wichtiger denn je, die Konzerne daran zu hindern, unser Saatgut zu patentieren. Sie dürfen nicht die Produktion unserer Lebensmittel kontrollieren und darüber entscheiden, was gezüchtet und angebaut wird und so die Risiken für künftige Ernährungskrisen immer weiter erhöhen.“

Zur Petition gegen Patente auf Saatgut:

Zum Hintergrund zu den neuen Bier-Patenten:

 

24.03.2022
Von: gemeinsame PM: Kein Patent auf Saatgut