Die AbL bewertet die landwirtschaftlichen Ansätze im Koalitionsvertrag:
Martin Schulz, Bundesvorsitzender der AbL, sagt:
"Der Koalitionsvertrag wird an vielen Stellen sehr konkret. Für die Landwirtschaft werden richtige und wichtige Herausforderungen genannt. Ohne Klimaschutz und Schutz der Artenvielfalt nichts geht. Die AbL hat in die Koalitionsverhandlungen eingebracht, dass die Bäuerinnen und Bauern bereit sind für Klima-Tier-und Umweltschutz, wenn sie wirtschaftlich und soziale Rahmenbedingungen dafür bekommen. Dies hat die Ampel-Regierung erfreulicherweise aufgenommen, indem sie schreibt: 'Unser Ziel ist eine nachhaltige, zukunftsfähige Landwirtschaft, in der die Bäuerinnen und Bauern ökonomisch tragfähig wirtschaften können und die Umwelt, Tieren und Klima gerecht wird'."
Martin Schulz führt weiter aus:
"Allerdings bleibt der Koalitionsvertrag hinsichtlich der Landwirtschaft an einigen Stellen unkonkret. Sowohl die Zukunftskommission Landwirtschaft als auch die Borchert-Kommission tauchen im Koalitionsvertrag nicht auf. Dabei bietet der Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft Vorschläge für den notwendigen Neustart in der Agrarpolitik, die von einem breiten Bündnis aus Gesellschaft, Bauernschaft und Wissenschaft getragen werden. Dazu gehören etwa faire Erzeuger*innenpreise, gentechnikfreie Landwirtschaft, eine gemeinwohlorientierte GAP. Die neue Bundesregierung darf nicht hinter diesen Ergebnissen zurückfallen."
Zur Tierhaltung sagt der Schweinehalter:
"Die Empfehlungen der Borchert-Kommission bieten für die Herausforderungen der Tierhaltung, die im Koalitionsvertrag an vielen Stellen angesprochen werden, die konkretesten Lösungsansätze. Die Borchert-Kommission ist von einem breiten Querschnitt der Gesellschaft erarbeitet worden und sie ist das einzige Konzept, das stufenweise höhere Tierwohlstandards in der gesamten Tierhaltung mit einem klaren Finanzierungskonzept vereint. Aus dem Markt alleine wird der Umbau nicht zu finanzieren sein, wie es der Koalitionsvertrag andeutet. Bundestag und Bundesrat haben der Borchert-Kommission bereits zugestimmt, eine Machbarkeitsstudie bestätigt die Umsetzbarkeit. Jetzt kann und muss die neue Bundesregierung die Empfehlungen in ein Gesetz gießen für Klimaschutz, Tierwohl, Artenvielfalt und für den Erhalt von Bauerhöfen. Jeder Hof zählt!"
Weitere Bewertungen der AbL zu einzelnen Punkten im Koalitionsvertrag
Klimaschutz: "Ja" zu vielen Höfen und "Ja" zu Klimaschutz und Biodiversität. Diese Ziele unterstützt die AbL ausdrücklich und nimmt die Ampel-Regierung beim Wort, sie nicht gegeneinander auszuspielen. Das bedeutet für die AbL Klima- und andere Umweltmaßnahmen als gesellschaftliche Leistung einkommenswirksam zu honorieren. Gleichzeitig gehört zu Klimaschutz in der Landwirtschaft aus Sicht der AbL mehr als Reduktion von Methan und Ammoniak. Neben einem Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl und Klimaschutz, braucht es ebenso einen Umbau des Ackerbaus hinzu resilienten und widerstandsfähigen Systemen. Die AbL begrüßt, dass der Moorschutz als partizipativer Prozess gestaltet werden soll. Partizipativ muss auch hier bedeuten, die Bäuerinnen und Bauern, die auf Moor wirtschaften, als wichtige Akteure mit einzubeziehen und gemeinsam mit ihnen Bewirtschaftungsmodelle zu entwickeln, die ökologisch und ökonomisch tragbar sind.
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Gut, dass die Ampel bei der GAP vereinbart hat, ein Konzept vorzulegen "wie die Direktzahlungen durch die Honorierung von Klima- und Umweltleistungen angemessen ersetzt werden können". Die Punktesysteme von AbL und dem Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) zeigen, wie dies im konkreten gelingen kann. Bezüglich ihres Anspruches an die soziale Gerechtigkeit der GAP haben die Koalitionäre offenkundig noch umfangreichen Nachholbedarf. Aussagen zur gerechten Verteilung der Fördermittel sowie zum Ausschluss außerlandwirtschaftlicher Investoren fehlen im entsprechenden Kapitel komplett.
Marktpolitik: In dem Koalitionsvertrag heißt es richtigerweise: "Wir unterstützen ... faire(n) Preise im Lebensmittelmarkt". Dafür reicht es nicht aus, den Milchmarkt nur zu beobachten, sondern die neue Bundesregierung muss das Marktkriseninstrument, das in der GAP verankert werden soll, wirksam nutzen und ausgestalten. Der Koalitionsvertrag sieht vor, zu prüfen, ob der Verkauf von Lebensmitteln unter Produktionskosten unterbunden werden kann. Hier fordert die AbL, bei der Prüfung die konkreten Vorschläge des Agrardialogs (Bauernorganisationen/LEH) zu berücksichtigen.
Gentechnik: Hinsichtlich der Gentechnik fordern wir Klarheit bei der Ampel: Auch neue Gentechnik-Verfahren wie CRISPR sind Gentechnik und müssen entsprechend des EU-Vorsorgeprinzips reguliert bleiben, das heißt Risikoprüfung und -bewertung, Durchlaufen eines Zulassungsverfahrens, Kennzeichnungspflicht, Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Haftung. Dieses klare Bekenntnis fehlt nach Meinung der AbL im Koalitionsvertrag. Die gentechnikkritische Bewegung wird weiter wachsam sein und für das Recht auf gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung kämpfen. Die Unterstützung der Züchtung klimarobuster, regional anpassungsfähiger Pflanzensorten ist ein wichtiger Schritt - zudem braucht es den Umbau hin zu widerstandsfähigen Ackerbausystemen und wirksame Reduktion unseres Ressourcenverbrauchs.
Bodenpolitik: Die Ampelregierung äußert sich nicht zu dem Problem, dass Pacht- und Kaufpreise von Acker- und Grünland regional durch die Decke gehen. Auch konkrete Vorschläge, wie außerlandwirtschaftliche Investoren gestoppt werden können, finden sich nicht im Koalitionsvertrag. Der dringende Handlungsbedarf und Lösungsvorschläge, z.B. durch Reform der Grunderwerbssteuer, liegen trotzdem auf den Tischen von Bund und Ländern. Positiv sieht die AbL, dass die staatlichen BVVG-Flächen nicht mehr verkauft, sondern in Zukunft mit Nachhaltigkeits-Kriterien verpachtet werden sollen.
Fairer Welthandel: Landwirt*innen und Zivilgesellschaft fordern einen Stopp des EU-Mercosur Abkommens und Neuverhandlung. Die Formulierung im Koalitionsvertrag liegt weit hinter der gesellschaftlichen und bäuerlichen Debatte zurück und bleibt schwammig. Die neue Bundesregierung darf weder dem EU-Mercosur Abkommen noch einem anderen Abkommen zustimmen, wenn nicht im gesamten Vertragswerk sichergestellt ist, dass Umwelt-, Sozialstandard, Menschenrechte und Verhinderung von Preisdumping verbindlich eingehalten werden. Das ist mit dem aktuellen EU-Mercosur Vertrag auch mit den geplanten Zusatzverträgen nicht machbar und das Höfesterben hier und in den Mercosur-Ländern würde weitergehen.