Berlin/Paris, 16.04.2018. Aus Anlass des EU-Agrarministerrates am heutigen Montag, 16.04.2018, und in Erwartung der Kommissionsvorschläge zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU haben Verbände-Bündnisse aus Deutschland und Frankreich ihre Forderungen zur Zukunft der EU-Agrarpolitik (GAP) nach 2020 formuliert. Sie erwarten von den Ministerinnen und Ministern, dass sie sich in Brüssel für eine grundlegende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik einsetzen. Die neue EU-Agrarpolitik müsse echte Lösungen für die ernsthaften Probleme bei der Entwicklung bäuerlicher Betriebe sowie beim internationalen Agrarhandel, in den Bereichen Umwelt-, Natur- und Tierschutz, Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Bäuerinnen und Bauern bringen.
Gemeinsam werben die französische Verbände-Plattform "Pour une autre PAC" (Für eine andere Gemeinsame Agrarpolitik der EU) und die deutsche Plattform von Verbänden aus Umwelt- und Naturschutz, Landwirtschaft, Entwicklungspolitik, Verbraucherschutz und Tierschutz für eine ambitionierte Reform der EU-Agrarpolitik. Sie fordern die französischen Minister für Landwirtschaft und Ernährung, Stéphane Travert, und für den ökologischen und solidarischen Übergang, Nicolas Hulot, sowie die deutschen Ministerinnen für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, und für Umwelt und Naturschutz, Svenja Schulze, auf, sich im Rahmen der Verhandlungen über die EU-Agrarpolitik nach 2020 für Folgendes einzusetzen:
- Alle Fördermittel sollen gemäß dem Grundsatz "Öffentliches Geld für öffentliche Güter" vollständig dafür eingesetzt werden, die Landwirtinnen und Landwirte für konkrete, gesellschaftlich gewünschte soziale, ökologische sowie territoriale Leistungen im Zusammenhang mit der Erzeugung gesunder und qualitativ hochwertiger Lebensmittel zu honorieren. Dazu zählen insbesondere die Wiederherstellung der Biodiversität, Schutz der Böden, der Gewässer und der Luft, des Klimas und der Menschengesundheit sowie der Tierschutz. Dabei sind Ziele wie der Erhalt bäuerliche Landwirtschaft und vielfältiger Agrarlandschaften besonders in benachteiligten Gebieten, der Erhalt von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft und im Lebensmittelhandwerk zu beachten. Diese Ziele müssen mit einem systemischen Ansatz gedacht werden, in der allgemeinen Absicht, lebendige und nachhaltige Gebiete zu schaffen.
- Zur Erreichung der Schutzziele ist jeweils ein festes Budget auf EU-Ebene festzulegen. Für die Landwirtinnen und Landwirte sollte es nicht nur einen Ausgleich von Mehrkosten geben, sondern auch ein positiver Einkommenseffekt erreicht werden. Landwirtschaftliche Methoden und Anbausysteme, die besonders umfassend zur Zielerreichung beitragen, wie der ökologische Landbau, müssen auch in besonderer Weise durch die GAP gestützt werden.
- Instrumente des einzelbetrieblichen Risikomanagements wie Versicherungen sollten nicht mit öffentlichem Geld gefördert werden. Stattdessen sind mehr Mittel zur Beratung der LandwirtInnen zur Reduzierung der Risiken einzusetzen, beispielsweise durch die Diversifizierung der Betriebe, Maßnahmen zum Schutz von Klima, Boden, Wasser und Biodiversität sowie zur Stärkung der Erzeuger in der Wertschöpfungskette.
- Die bisherige starke Exportausrichtung der Agrar- und Ernährungswirtschaft und der GAP ist eine wesentliche Ursache für die zunehmenden Preisschwankungen und die entsprechenden Einkommensverluste der landwirtschaftlichen Betriebe. Die GAP muss daher auf die wachsenden Qualitätsanforderungen und Nachfrage nach gesunder und zugänglicher Ernährung in der EU ausgerichtet werden und für einen fairen internationalen Handel sorgen, der diese Qualitätskriterien achtet und stärkt, ohne das Recht auf Nahrung und die landwirtschaftliche Entwicklung des Globalen Südens zu behindern.
- Die strategischen GAP-Pläne der Mitgliedstaaten müssen so aufgestellt werden, dass damit EU-weite Ziele und die notwendigen Verbesserungen für Umwelt, Tierschutz, Landschaften, Bäuerinnen und Bauern und für die ländliche Entwicklung erreicht werden. Die EU-Kommission muss dazu in ihren Legislativvorschlägen konkrete soziale und ökologische Mindestanforderungen an die GAP-Pläne vorgeben. Dafür sind ein zielorientiertes Indikator-System sowie Kontrollen und Sanktionsmaßnahmen gegenüber den Mitgliedstaaten zu entwickeln.
- Die für Umwelt- und Tierschutz, Gesundheit, Ernährung sowie für Entwicklungspolitik zuständigen Ressorts sind bei der GAP-Planung auf den Ebenen von EU, Mitgliedstaat und ggf. Regionen mitentscheidend einzubinden. Die Beteiligung aller relevanten Akteure der Wirtschaft und Zivilgesellschaft ist im Sinne des Partnerschaftsprinzips sicherzustellen.
Die Verbände erinnern ihre Ministerinnen Klöckner und Schulze und Minister Travert und Hulot an die internationale Verantwortung der EU-Agrarpolitik. Sie weisen darauf hin, dass die GAP entwicklungspolitische Ziele ebenso erfüllen muss wie sie ambitioniert zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) beitragen muss. Deutschland und Frankreich haben gerade nach dem EU-Ausstritt der Vereinigten Königreichs als Nettozahler ihre solidarische Verantwortung gegenüber den anderen EU-Mitgliedstaaten zu erfüllen, betonen die Verbände. Sie fordern Julia Klöckner und Stéphane Travert auf, sich für eine zukunftsfähige Agrarpolitik zum Wohle der Europäerinnen und Europäer ohne negative Auswirkungen auf die Länder des Globalen Südens einzusetzen.