Pressemitteilung: EU-Mexiko-Abkommen: Weiterer Schritt in Richtung eines intransparenten und undemokratischen Handels

Gemeinsame Pressemitteilung

Die EU-Kommission wird vorschlagen, das ohnehin problematische Handelsabkommen zwischen der EU und Mexiko aufzuteilen

Berlin, 30. Juni 2021: Eine Information, die den unterzeichnenden Organisationen zugespielt
wurde, zeigt einmal mehr, wie undemokratisch die EU-Handelspolitik sein kann: Die EUKommission
wird vorschlagen, das Abkommen zwischen der EU und Mexiko in drei Teile
aufzuspalten: ein Teil zu politischer Zusammenarbeit, ein Investitionsabkommen und ein
Handelsabkommen. Die Aufteilung des Abkommens wird eine schnellere Ratifizierung durch
weniger demokratische Teilhabe ermöglichen: Zur Ratifizierung des Handelsabkommens ist die
Zustimmung der Parlamente der Mitgliedsstaaten dann nicht mehr notwendig.
Während das Handelsabkommen ausschließlich durch den EU-Rat und das Europäische
Parlament ratifiziert werden würde (EU-only), würden die Parlamente der Mitgliedsstaaten nur
noch gefragt, wenn es um die Ratifizierung der anderen beiden Teile geht. Vor allem der
Handelsteil wurde wegen seiner negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen und der
negativen wirtschaftlichen Folgen kritisiert, etwa steigender Ungleichheit.  Durch die Umgehung der Parlamente der Mitgliedstaaten geht die EU einen weiteren Schritt in Richtung intransparenter, undemokratischer Entscheidungsfindung in einem höchst umstrittenen Politikfeld.
Interne Quellen sagen, dass dies der Kommission zufolge ein Ergebnis der formal juristischen
Prüfung des Abkommens sei. Das Abkommen, das seit 2000 in Kraft ist, hat seit 2016 eine Phase
der Nachverhandlung durchlaufen, welche im April 2020 inmitten der Pandemie abgeschlossen
wurde. Auch deutete die Kommission an, dass dieser Vorschlag im Einklang mit der Entscheidung
des Europäischen Gerichtshofs zum Singapur-Abkommen aus dem Jahr 2017 steht.
Die mexikanische Regierung steht der Idee, das Abkommen aufzuspalten, bisher kritisch
gegenüber. Vermutlich befürchtet sie, dass sich die anderen beiden Teile verzögern könnten,
insbesondere der Teil zur politischen Zusammenarbeit. Dieses neue Manöver der Kommission
zeigt unabhängig davon eine zunehmende Tendenz der EU, die Parlamente der Mitgliedsstaaten
an der Mitsprache zur Handelspolitik zu hindern. Wahrscheinlicher wird damit auch, dass etwa mit
dem EU-Mercosur-Abkommen, das sich derzeit in der formaljuristischen Prüfung befindet, auf
ähnliche Art und Weise verfahren wird.
Jeremy Oestreich, Referent für Handels- und Investitionspolitik bei PowerShift, sagte dazu:
„Immer mehr Menschen sehen heute die negativen Folgen von ungebremster
Handelsliberalisierung. Geplante Handelsabkommen zwischen der EU und Mexiko oder dem
Mercosur-Raum werden gerade deshalb kritisiert, weil sie unseren Klimazielen sowie vielen anderen
Nachhaltigkeitszielen völlig zuwiderlaufen. Trotz dieser zunehmenden Kritik schließt die EU
demokratische Institutionen vom Entscheidungsfindungsprozess aus, um weiter auf ihre alte Agenda
setzen zu können."
Mónica Vargas, Researcher und Global Campaigner beim Transnational Institute, ergänzt: „Die Auswirkungen von Freihandels- und Investitionsschutzabkommen haben in Mexiko bereits zu
verheerenden Folgen geführt, wie das "Internationale Forschungsprojekt zu den sozialen und
ökologischen Auswirkungen von transnationalen Konzernen und Freihandel" im Jahr 2019
festgestellt hat. Das modernisierte EU-Mexiko-Abkommen ist auch deshalb besorgniserregend, weil
es das erste zwischen der EU und einem lateinamerikanischen Land unterzeichnete Abkommen
wäre, das ein Kapitel zum Investitionsschutz enthält. Dies bedeutet, dass transnationalen Konzernen
das exklusive Recht eingeräumt wird, die demokratischen Entscheidungen von Staaten
anzufechten, zum Beispiel durch die Anfechtung von Gesetzen von öffentlichem Interesse".
Berit Thomsen, Referentin für Agrarhandel der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft,
kritisierte: „Diese Freihandelsabkommen verhindern Klimaschutz, Menschenrechte, faire Preise für Bäuerinnen
und Bauern und Tierwohl. Es ist ein gänzlich falsches Zeichen, den Handelsteil des Abkommens
zwischen der EU und Mexiko abzuspalten und dadurch die Zustimmung der Mitgliedstaaten zu
umgehen. Wir fordern von der Regierung und vor allem auch von der künftigen Bundesregierung,
solchen undemokratischen Verfahren im EU-Rat nicht zuzustimmen, diesen Freihandelsabkommen
eine Absage zu erteilen und den Weg frei zu machen, für eine Handelspolitik, die verbindliche
ökologische und soziale Kriterien festschreibt.“
30.06.2021