Anerkenntnis der wirtschaftlichen Probleme der Erzeuger, aber unzureichende Antworten der Verarbeiter darauf

Gemeinsame Pressemitteilung zur Aktion „Schluss mit lustig“ des Milchdialogs von: Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), LsV-Milchgruppe, European Milk Board (EMB), den Freien Bauern und der MEG Milch Board

Positiv betrachtet ist den Antworten der Verarbeitungsunternehmen, die im Rahmen der Aktion „Schluss mit lustig“ besucht wurden, zu entnehmen, dass diese ganz überwiegend die Notwendigkeit von Preiserhöhungen bei den Erzeugern anerkennen. Doch gerade vor diesem Hintergrund muss das Fazit der Auswertung aller Antworten der Verarbeitungsunternehmen dann leider lauten: „Insgesamt unzureichend“.

„Keine der Fragen, die wir an unsere Verarbeitungsunternehmen gestellt haben, wurde letztlich – bis auf ganz wenige Ausnahmen – so beantwortet, dass sich daraus eine Lösung für die existenziellen Probleme der tierhaltenden Betriebe ergeben könnte“, kritisieren die Teilnehmer des Milchdialogs.

„Unsere Erwartungen an die Antworten unserer Verarbeiter waren ohnehin durchaus begrenzt, weil wir den hohen Wettbewerbsdruck, unter dem auch die Verarbeitungsunternehmen stehen, selbstverständlich kennen. Auch angesichts der seit langen Jahren bekannten Positionen hatten wir keine Wunder erwartet“, so die Milchdialog-Teilnehmer. „Was wir aber im Minimum erwartet hatten, war, dass man die Lage der tierhaltenden Betriebe ernster nimmt. Den positiveren Antwortschreiben der Molkereien kann man eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber der aktuellen Marktsituation entnehmen und eine grundsätzliche Bereitschaft auch über europäische Lösungsansätze für den Milchmarkt nachzudenken. Die Vielzahl an stereotypen, häufig nur kopierten Antworten der Molkereien lässt hingegen erkennen, dass es hier ganz wesentlich an Motivation und Fantasie fehlt, sich für den Erhalt tausender landwirtschaftlicher Betriebe, die existenziell bedroht sind, ins Zeug zu legen. Die Antwort der Verarbeiter im Fleischbereich fiel insgesamt weniger einheitlich aus, aber auch hier gab es fast ausnahmslos eher den Verweis auf die Probleme des eigenen Unternehmens statt sich intensiver mit möglichen Lösungen für die Erzeuger zu befassen.“

„Immer wieder haben die Verarbeitungsunternehmen in ihren Stellungnahmen hervorgehoben, dass rein nationale Preiserhöhungen nicht machbar und nicht zielführend seien, gleichzeitig wurde betont, dass es für europäische Lösungen Mehrheiten brauche, die aktuell nicht in Sicht seien. Das ist uns zu wenig“, erklären die Teilnehmer des Milchdialogs. „Wenn europäische Mehrheiten benötigt werden, sind diese zu suchen. Speziell die Milchbranche hat auf politischer Ebene sehr daran gearbeitet, in Eigenverantwortung und im Zuge einer nur national angelegten Sektorstrategie die Probleme des Milchmarkts regeln zu wollen. Wenn sie dieser Verantwortung gerecht werden will, muss sie in dieser akuten Situation der Milchviehhalter jetzt mehr als Standardantworten liefern, die schon bisher keine Verbesserung der Situation der Erzeuger bewirkt haben. Es kann nicht schulterzuckend hingenommen werden, dass die bäuerlichen Betriebe als ein wesentlicher Teil der Wertschöpfungskette regelrecht wegbrechen. Wir erwarten mehr Bereitschaft, im Sinne der Erzeuger alle Register zu ziehen.“ 

„Wir haben bewusst flächendeckend und gleichermaßen alle Verarbeitungsunternehmen besucht und dabei benannt, wie viel mehr die Erzeuger brauchen, um eine Zukunft zu haben. Wir haben kein Unternehmen einzeln an den Pranger gestellt, keine Betriebsabläufe gestört, die Corona-Maßgaben eingehalten, wir haben keine Konfrontation gesucht, sondern lediglich für die landwirtschaftlichen Betriebe notwendige Forderungen gestellt“, stellen die Milchdialog-Teilnehmer mit Blick auf die bisherigen Aktionen fest. „Das haben einige Verarbeitungsunternehmen auch im positiven Sinne verstanden, manche jedoch offenbar schon als Zumutung empfunden. Wie kann erwartet werden, dass die Genossen in ihrer Molkerei offen ihre genossenschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten, auf die vielfach verwiesen wurde, wahrnehmen, wenn man sieht, wie allergisch einige Verarbeiter schon auf existenziell notwendige Forderungen reagieren?“

„Wir brauchen Kooperation statt reinen Dialog und das werden wir auch weiterhin einfordern“, bekräftigen die Teilnehmer des Milchdialogs. „Lange genug schickt man uns im Kreis: von den Verarbeitern zum Lebensmitteleinzelhandel zur Politik zum Verbraucher und wieder zurück. Das akzeptieren wir nicht länger“, erklären die Teilnehmer des Milchdialogs. „Alle müssen im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihren Teil beitragen! Es bleibt dabei: Wir lassen uns mit unseren wirklich berechtigten Forderungen nicht abspeisen. Wir können es uns nicht leisten, locker zu lassen.“

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Hintergrund zum Milchdialog & seinen Teilnehmern:

Bereits im August hatten sich die Verbände und Organisationen der Landwirte, die sich insbesondere für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft engagieren, im Rahmen des so genannten Milchdialogs auf ein gemeinsames Positionspapier zu notwendigen Handlungsschritten im Milch- und Fleischbereich geeinigt, das sich an Politikerinnen und Politiker richtete.

Angesichts der katastrophalen Situation, in der sich die tierhaltenden Betriebe aktuell befinden, haben sich die Teilnehmer des Milchdialogs nun auf ein gemeinsames Forderungspapier an die Verarbeiter – im Milchbereich also an die Molkereien – verständigt, das diesen im gemeinsamen Aktionsauftakt am 11. November öffentlich überbracht wurde.

Unterzeichnet wird das aktuelle Forderungspapier an die Verarbeiter von BDM, AbL, der LsV-Milchgruppe, EMB, den Freien Bauern und der MEG Milch Board. Unterstützt wird es zudem von der Bauern & Land Stiftung.

Informationen rund um die Aktionen finden Sie hier: www.milchdialog.com

24.11.2020