100 Mio Euro für Gentechnik-Forschung

Die Bundesregierung fördert den Einsatz von Gentechnik bei Pflanzen und Tieren zur Lebensmittel­erzeugung mit über 100 Millionen Euro. Das zeigt die Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Deutschen Bundestag (Drucksache19/7926, 20.02.2019). Im Mittelpunkt der Projekte steht meist Grundlagenforschung, Genomsequen­zierungen und die spätere Anwendung von neuen Gentechnik-Verfahren - Risikoforschung spielt hingegen kaum eine Rolle.

Allein das Bundesforschungsministerium (BMBF) förderte von 2011 bis 2020 Projekte mit neuen Gentechnik-Verfahren mit knapp 33 Millionen Euro. Nutznießer sind zahlreiche Univer­sitäten sowie das Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie, das IPK Gatersleben, das Frauenhofer-Institut und Unternehmen wie die KWS Lochow GmbH, die Saatzucht Josef Breun, Nordsaat-Saat­zucht, Saaten-Union, Solana Research GmbH, Strube Research GmbH und NPZ Innovation. Geforscht wird an Gerste, Weizen und anderen Getreidearten, bei Raps, Kartoffeln, Tomaten, Zuckerrüben, Äpfeln und Pappeln. Ziele sind laut Angaben der Bundesregierung Trockenheitstoleranz, Verbesserung der Stickstoff-Verwertbarkeit, Hybridweizen, Identifikation von Resistenzgenen oder Markergene, Transfer der Gen-Scheren unter Vermeidung der Integration von Fremdgenen, Effizienzsteigerung der neuen Gentechnik-Verfahren. Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech kommentierte: „Es ist offensichtlich, dass viele maßgebliche Forschungseinrichtungen wie Max-Planck-Institute und Uni­versitäten von den Forschungsprogrammen und daraus resultierenden Anwendungen profitieren: Hier werden Lehrstühle und Karrieren zu eben diesen Themen finanziert, vielfach auch Patente auf die Forschungsergebnisse angemeldet.“ Der Fokus liege vor allem auf der Produkt- und Technologie­entwicklung.

Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) finanziert, über seinen Dienstleister die BLE, weitere Forschungsvorhaben mit 10 Mio Euro. Projekte sind u.a. die Schaffung neuer allelischer Diversität von Halmlängenbestimmender Gene im Weizen, Pilzresistenz bei Mais, Bekämpfung von Kartoffelkrebs, Pathogenbekämpfung in der Geflügelzucht und die Entwicklung von Impfstoffen. Auch das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (Friedrich-Löffler-Institut) finanziert zahlreiche Projekte mit einem Volumen von 8,5 Mio Euro. Weitere Ressortforschung des Bundes macht das Julius-Kühn-Institut (3,9 Mio), das Thünen-Institut (7,9 Mio) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2,7 Mio Euro). Das Bundeswirtschafts­ministerium (BMWI) bewilligte Fördergelder in Höhe von 1,4 Mio Euro.

Forschungsprojekte zu Nachweisverfahren werden bislang nicht gefördert. Die Bundesregierung schreibt, dass aktuell die zuständigen Expertengremien der Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Gentechnik und das BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) zusammen mit dem europäischen Netzwerk der GVO-Laboratorien (ENGL) spezifische Fragestellungen diskutieren, was zur Erarbeitung von standardisierten und auf EU-Ebene harmonisierten Verfahren münden könne.

Die bundeseigenen Forschungs­ein­richtungen wie das Friederich-Löffler-Institut oder JKI würden bei ihren Projekten „grundsätz­lich auch Risiko- und Sicherheitsaspekte mit betrachten“, so die Bundesregierung. Dezidierte Risikoforschung ist allerdings nicht vorgesehen. Mit Grundsatzfragen der Risikobewertung befassen sich allerdings mehrere Vorhaben, die das dem Bundesumwelt­ministerium (BMU) unterstehende BfN fördert. „Zur Erforschung der Risiken gibt es nur sehr wenige Forschungsprojekte,“ kritisiert Then. „Darunter leidet auch die öffentliche Debatte und die politische Entscheidungsfindung. Um den Einsatz von Risikotechnologien wie der Gentechnik steuern zu können, sind wir auf eine breit angelegte Forschung aus der Perspektive des Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutzes angewiesen. Ohne umfassende Forschungsprogramme zu den Schutzzielen ist der Einsatz der Gentechnik nicht zu verantworten.“

Weitere öffentliche Mittel vom BMBF sind laut Bundesregierung in das „CEPLAS“-Projekt (Cluster of Excellence on Plant Science) geflossen (über 32 Mio Euro), ein Verbund der Universitäten Düsseldorf und Köln mit dem Max-Planck- Institut für Pflanzenzüchtungsforschung und dem Forschungszentrum Jülich. CEPLAS beschäftigt sich mit der Erforschung von Pflanzenmerkmalen, die den Ertrag, die Ressourcennutzung und die Anpassung an sich verändernde Umweltbedingungen beeinflussen. Zudem bieten sie verschiedene Programme zur Nachwuchsförderung an. Bis 2025 soll CELPAS laut Unterlagen, die Testbiotech vorliegen, mit weiteren 41 Mio Euro gefördert werden.

Insgesamt kommen so über 100 Mio Euro Forschungsgelder zusammen, die Ausgaben für Alternativen, wie dem Ökolandbau, betragen gerade mal ein Zehntel, ca. 9,9 Mio Euro.

Kritisiert wir diese Schwerpunktsetzung vom Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft: „Die einseitige Ausrichtung der Forschungsausgaben für Gentechnik-Anwendungen aus Steuer­gel­dern unverantwortungsvoll. Schon die alte Gentechnik hat Bäuerinnen und Bauern in eine Sackgasse geführt, Verbraucher*innen lehnen Gentechnik auf dem Teller ab. Wir stehen vor großen Herausfor­derungen, die Landwirtschaft ressourcen- und klimaschonend umzubauen. Hierfür brauchen wir regionale auf Vielfalt und Widerstandsfähigkeit ausgelegte und anpassungsfähige Systeme und Sorten – statt Risikotechnologien auf dem Acker,“ so Georg Janßen.

Zur Antwort der Bundesregierung (Drucksache19/7926, 20.02.2019)_hier.

30.03.2019
Von: Annemarie Volling, AbL