Internationale Leitlinien gegen Landraub auch in Deutschland umsetzen

AbL wirft deutscher Politik Anheizen des Strukturwandels vor

In der heutigen agrarpolitischen Anhörung im Potsdamer Landtag wird die ostdeutsche Entwicklung hin zu extremen großbetrieblichen Strukturen kritisch diskutiert. Teilnehmer Jörg Gerke, Bauer aus Mecklenburg-Vorpommern und Bodenexperte der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), sagt auf der Veranstaltung: „Die Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH (BVVG) hat im Auftrag der Bundesregierung und der ostdeutschen Bundesländer nach der Wende um die 40 Prozent der ostdeutschen Flächen verwaltet und privatisiert. Dabei sind Großbetriebe maßgeblich bevorteilt worden, kleine und Nebenerwerbsbetriebe hingegen kaum an Flächen gekommen. Der Strukturwandel wurde politisch angeheizt.“

„Erst kürzlich hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner öffentlich die neuen internationalen freiwilligen Leitlinien gegen Landraub weltweit gelobt, deren Entwicklung sie mit vorangetrieben hat“, so Gerke weiter: „Die gesamte, von der Bundesregierung maßgeblich mitgetragene Bodenpolitik in Ostdeutschland widerspricht aber diesen Leitlinien massiv.“

„Denn in den Leitlinien wird immer wieder betont, wie wichtig bei Fragen zu Boden- und Landnutzungsrechten eine explizite Beteiligung der Zivilgesellschaft und aller Akteure ist, gerade auch der kleineren Nebenerwerbsbetriebe“, sagt Gerke. „Aber das ist in Ostdeutschland ausgehebelt worden. Ebenso wie die in den Leitlinien geforderte nationale Politik, die um eine gerechte Nutzenverteilung von staatlichem Land bemüht sein soll. Es gibt viele solcher Diskrepanzen zwischen den Leitlinien, hinter denen sich Aigner stellt und ihrer eigenen Politik.“

„Der Druck auf die bäuerlichen Betriebe in ganz Deutschland wird immer größer, da die Pacht- und Bodenpreise nahezu explodieren“, sagt Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, AbL-Bundesvorsitzender. „Junge Bäuerinnen und Bauern kommen immer schwerer an Land, um sich eine Existenz aufzubauen. Für diese Entwicklung bieten die neuen Leitlinien gute Ansätze für eine bessere nationale Agrar- und Bodenpolitik. Jetzt muss Aigner schnellstens ihre Hausaufgaben vor Ort erledigen.“

Die AbL fordert von der Bundesregierung, die „Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischergründen und Wälder“ vom 11. Mai 2012 in Deutschland umgehend anzuwenden und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und aller Akteure umzusetzen, um Betrieben eine Chance zur Sicherung und Gründung bäuerlicher Existenzen zu geben.

Kontakt:

Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, 0171-3627711

Jörg Gerke, 0172-9531639

Berit Thomsen, AbL Internationale Politik, 02381-9053172

15.06.2012
Von: Pressemitteilung