AbL fordert Ministerin Klöckner auf, einen Agrar-Gipfel einzuberufen

Nicht Hilferufe nach staatlichen Geldern, sondern alle Marktpartner und Politik sollen Verantwortung übernehmen

Der Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL e.V.) fordert Agrarministerin Julia Klöckner auf, sehr zeitnah einen Agrargipfel der gesamten Agrar- und Ernährungsbranche einzuberufen, von den Bauern über die Verarbeiter bis zum Handel. Alle Akteure sollen gemeinsam rasche, unbürokratische Hilfsmaßnahmen auch jenseits finanzieller Unterstützung diskutieren und beschließen. "In dieser prekären Situation vieler dürregeschädigter Höfe müssen die Marktpartner der Landwirtschaft wie Molkereien, Schlachthöfe und Getreidehandel, aber auch wir Bauern, Verantwortung übernehmen. Eine existenzbedrohliche Krise kann nur gemildert werden, durch eine schnelle und faire Anhebung der Erzeugerpreise", so Martin Schulz, Bauer aus dem Wendland und Ottmar Ilchmann, Bauer aus Ostfriesland in einer Stellungnahme. Die AbL-Sprecher weiter: "Wir Bauern werden mit der schwierigen Situation allein gelassen. In jeder anderen Branche ist es üblich, Mindererlöse und Mehraufwand bei den Kosten über den Preis an die Abnehmer weiterzugeben. Deshalb fordert die AbL ganz besonders die genossenschaftlichen Vermarkter auf, ihren Abnehmern in Verarbeitung und Handel die Situation der Bauern deutlich zu kommunizieren und auf höhere Erlöse zu dringen. Ein Milchpreis von aktuell ca. 32 Cent je Kilogramm ist wirtschaftlich nicht mehr hinnehmbar." Auch beispielsweise im Getreidesektor stehen die Bäuerinnen und Bauern vor großen Herausforderungen. Sie sind oftmals Lieferkontrakte eingegangen. Wenn sie die geplanten Bedingungen nicht erfüllen, hat der Abnehmer vertraglich das Recht, die Bauern abzumahnen. Die AbL-Sprecher sagen dazu: "Werden die Abnehmer auf die Erfüllung von Lieferkontrakten z.B. bei Getreide bestehen, wenn wir nur die Hälfte ernten? Auch hierfür müssen auf dem Agrar-Gipfel Lösungen im gegenseitigem Einvernehmen gefunden werden, damit die Bauern nicht mit diesen existenziellen Problemen allein gelassen werden." "Staatliche Hilfen wie Steuerstundungen und frühere Auszahlung der Prämien sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auf keinen Fall können staatliche Transferleistungen alle Verluste ausgleichen. Nur faire Erzeugerpreise, die den tatsächlichen Aufwand honorieren und die Mindererlöse kompensieren, können die Betriebe wirklich stabilisieren und wären den Kunden auch durchaus vermittelbar, zumal wir doch in der Gesellschaft auf Verständnis für unsere Lage treffen", so die AbL-Sprecher. "Weiterhin sind jetzt kreative Ideen gefragt, wie alle ihre Verantwortung wahrnehmen können und wie den Betrieben schnell und unbürokratisch geholfen werden kann. Dabei darf es keine Denkverbote geben." Auch bietet die EU-Agrarpolitik sofortige Möglichkeiten, bäuerliche Betriebe zu stärken. "Die Bundesregierung schmückt sich immer wieder mit Worten für die bäuerliche Landwirtschaft. Wenn sie es ernst meint, dann kann sie jetzt zur Tat schreiten und die Möglichkeit nutzen, bei den EU- Direktzahlungen den Aufschlag auf die ersten Hektare zu erhöhen. Wir erwarten auch von der Bundesregierung, bei den laufenden Verhandlungen um die EU-Agrarreform die Förderung zu qualifizieren und sie auf eine klima- und umweltschonende Landwirtschaft sowie artgerechte Tierhaltung auszurichten. Statt Klimaschutzziele zu verfehlen, müssen die politisch Verantwortlichen ein Umdenken im Konsum und in der Wirtschaft mit Anreizsystemen befördern. Auch wir Bauern stehen in der Verantwortung, Ackerbau, Tierhaltung und Klimaschutz in Einklang zu bringen." "Es ist zudem ethisch nicht vertretbar, dass Rinder Mangel leiden oder sogar frühzeitig geschlachtet werden müssen, während potentielles Futter wie Mais- und Grassilagen verstromt wird, das womöglich auch noch in direkter Konkurrenz zu Tierhaltern zugekauft wird", kommentieren die AbL-Sprecher. "Solidarität ist auch bei den Berufskollegen gefordert. Betriebe, die Futter über haben, sollten es an Betriebe weiterleiten, die Futterknappheit haben. Auch ist es nicht hinnehmbar, dass Biobetriebe durch die Beschränkung des Futterzukaufs gezwungen werden, vermehrt Tiere zu schlachten. Hier brauchen wir zeitlich befristete unbürokratische Ausnahmeregelungen, ohne die Betriebe mit zusätzlichen Antragsgebühren zu belasten." Die AbL-Sprecher weiter: "Auch wenn eine wirksame Düngeverdnung notwendig ist, muss aufgrund der Wetterextreme eine Ausnahmeregelung von der Düngeverordnung mindestens erwägt werden. Sonst wäre aufgrund der geringen Ernte und des erschwerten Anbaus von Zwischenfrüchten eine Düngung eigentlich unzulässig und ein erneutes Überlaufen der Güllelagerstätten im nächsten Winter wahrscheinlich. Diese und weitere Probleme und mögliche Lösungsansätze können nicht erst nach Abschluss der Erntearbeiten und Auswertung der Ergebnisse erörtert werden, dann ist die Existenz vieler bäuerlicher Betriebe kaputt. Jeden Tag spitzt sich die Situation weiter zu. Jetzt handeln!".
24.07.2018