Mit EU-Kürzungsplänen wollen Merkel und Barroso notwendige Reform der Agrarpolitik ausbremsen

Qualifizierung der Direktzahlungen darf nicht zulasten der 2. Säule gehen. Strukturlinie für Ländliche Wirtschafts-Entwicklung Europas muss ausgebaut werden

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Verantwortung dafür, dass in Europa über erhebliche Kürzungen in der 2. Säule der EU-Agrarpolitik spekuliert wird. „Als EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos vorgeschlagen hat, die Direktzahlungen als den größten Ausgabenbereich der EU-Agrarpolitik an wirksame soziale und ökologische Kriterien zu binden, wollten die Bundesregierung und der Deutsche Bauernverband das ausbremsen, indem sie seichte Agrarumweltprogramme auflegen und mit Geldern aus der Strukturlinie der Ländlichen Wirtschafts-Entwicklung bezahlen lassen wollten“, stellt Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fest. „Das hätte diese zweite Säule finanziell geplündert und konzeptionell zerstört“, so Graefe zu Baringdorf, und weiter: „Es ist gut, dass Agrarkommissar Ciolos standhaft geblieben ist und dieses Ansinnen von Bundesregierung und Bauernverband bisher abgewehrt hat.“ Die AbL drängt darauf, dass die Direktzahlungen der 1. Säule der EU-Agrarpolitik sozial und ökologisch qualifiziert werden, ohne die 2. Säule finanziell zu belasten. Als ökologische Konditionierung der Zahlungen fordert die AbL vor allem, dass die Betriebe eine Fruchtfolge einhalten, in der eine Frucht wie Mais maximal 50 Prozent der Ackerfläche einnimmt und in der mindestens 20 Prozent der Ackerfläche mit Leguminosen bestellt werden. Wer das nicht einhalte, solle 30 Prozent seiner gesamten Direktzahlungen abgeben, so die AbL. Als Einstieg in die soziale Qualifizierung schlägt sie vor, eine Obergrenze für Direktzahlungen bei höchstens 150.000 Euro einzuführen und betroffenen Betrieben die Möglichkeit zu geben, mit der Hälfte ihrer sozialversicherter Lohnkosten die Kürzungen zu mindern. „Die 2. Säule der EU-Agrarpolitik ist die einzige Struktur- und Qualitätspolitik für die Ländliche Wirtschafts-Entwicklung Europas. Diese Politik ist elementar für den Zusammenhalt der Europäischen Union. Mit ihrer Verbindung von qualitativer Ausrichtung und wirtschaftlicher Entwicklung ist sie auch über Europa hinaus ein Vorbild, ganz besonders für Entwicklungsländer. Diese Politik abzuwürgen ist bar jeder Vernunft“, wird Graefe zu Baringdorf deutlich. Wenn der Präsident der Europäischen Kommission Jose Manuel Barroso nun die Finanzmittel dieser 2. Säule der EU-Agrarpolitik kürzen wolle, sei das auch auf die falsche Haltung der Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Agrarpolitik zurückzuführen. „Frau Merkel hat schon einmal, zu Beginn ihrer Amtszeit im Dezember 2005 erhebliche Einschränkungen der 2. Säule durchgesetzt. „Auf erheblichen Druck Merkels sind die Mittel damals für die Förderperiode 2007 bis 2013 um 20 Milliarden Euro gegenüber dem Ansatz von Kommission und Parlament gekürzt worden. Nur ein Teil davon ist nach und nach ausgeglichen worden. Das war der bis dahin größte Rückschlag für die Politik der Ländlichen Wirtschafts-Entwicklung. Die Kanzlerin sollte ihre Fehleinschätzung von damals nicht wiederholen. Im Gegenteil, diese ländliche Strukturlinie muss ausgebaut werden“, so Graefe zu Baringdorf.